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Ärgerliches im derzeitigen Whisky-Gewerbe

Hinweis: Diese Seite wurde Ende 1996 erstmals verfaßt und ein Jahr später etwas überarbeitet. Der Artikel entspricht derzeit nicht mehr zu 100% meiner Meinung, da ich - nicht zuletzt aus interessanten E-Mail-Diskussionen - einiges hinzugelernt habe. Die Grundtendenz bleibt jedoch bestehen, so daß ich ihn bis zu einer näheren Überarbeitung weiterhin hier veröffentlichen werde.

An dieser Stelle möchte ich meinem Ärger über einige Praktiken im Malt-Whisky-Gewerbe freien Lauf lassen, die mich ziemlich aufregen (und ich weiß aus Gesprächen und Emails mit anderen Whisky-Liebhabern, daß ich hierbei nicht alleine stehe!). Sollten einige Fakten auf dieser Seite falsch sein, so bitte ich die betroffenen Brennereien bzw. Whisky-Konzerne um Berichtigung.
Klarstellen möchte ich auch, daß es mir nicht darum geht, einzelne Konzerne oder Brennereien schlechtzumachen, sondern daß ich nur gewisse Praktiken kritisiere (häufig sind es sogar gerade Brennereien, deren Whisky ich außerordentlich schätze, die ich hier erwähne, und in einigen Brennereien bereitete man mir bei meinem Besuch einen sehr netten Empfang). Aber da ich der Meinung bin, daß man das Kind auch beim Namen nennen soll, werde ich dies hier ebenfalls tun. Und auch positive Gegenbeispiele verdienen es, erwähnt zu werden.
Bei der Verwendung von Preisangaben beziehe ich mich auf den Katalog der Firma Celtic vom Oktober 1997, der m.E. vernünftige Preise für die einzelnen Whiskys enthält, ohne daß irgendwelche Sorten merklich billiger oder teurer als der Marktdurchschnitt wären (ich hätte genausogut den Prospekt der Firma SCOMA oder des "Whisky Store Seeshaupt" heranziehen können - an den entsprechenden Aussagen hätte sich höchstens marginal etwas geändert...).

1.) Überzogene Preise für "gereifte" Versionen

Einige Brennereien haben in den letzten Jahren offensichtlich erkannt, daß sich mit "gereiftem" Whisky relativ viel Geld machen läßt. Und so bieten sie solche Versionen ihres Whiskys an - zu meiner Meinung nach völlig überteuerten Preisen! Es handelt sich dabei u.a. um den 18-jährigen Glenlivet, etlichen Versionen des Glen Moray und den 15- bzw. 17-jährigen Bowmore (der bislang hier ebenfalls kritisierte 15-jährige Laphroaig ist derzeit deutlich billiger erhältlich; auch für den 18-jährigen Glendronach bewegen sich die Preise derzeit in vernünftigem Rahmen). Ich möchte an der Qualität der gereiften Versionen gar nichts aussetzen. Der Preis ist jedoch deutlich zu hoch: ein 12-jähriger Glen Moray kostet etwa DM 50,--, warum muß die 15-jährige Version dann gleich DM 80,-- kosten? Dies würde eine jährliche Wertsteigerung von ca. 17% bedeuten. Und weiter gehts: der 16-jährige Glen Moray erbringt bei einem Verkaufspreis von DM 100,-- gegenüber dem 12-jährigen eine Wertsteigerung von 18,9% pro Jahr (gegenüber dem 15-jährigen erbringt das letzte Jahr sogar 25%!). Ähnlich liegt die Sache beim 18-jährigen Glenlivet: die 12-jährige Version gibt es zu DM 49,-- - aber der 18-jährige kostet plötzlich DM 132,--. Eine jährliche Wertsteigerung von ca. 18% - das zahlt mir keine Bank, weder hier, noch in Schottland... Den Vogel abschießen tut allerdings Bowmore: liegt der 17-jährige (DM 117,--) im Vergleich zum 12-jährigen (DM 60,--) mit 14,3% jährlicher Wertsteigerung schon recht hoch, so hat man kürzlich offenbar entdeckt, daß man mit einer 15-jährigen Version für DM 113,-- ganze 23,5% Rendite pro Jahr erhält - ich glaube, daß ich bei der Bowmore-Brennerei mal Interesse für eine lukrative Geldanlage anmelden sollte...
An dieser Stelle sollte ich noch anmerken, daß sich - von den obigen beiden Ausnahmen abgesehen - die meisten Wertsteigerungen gegenüber letztem Jahr noch zusätzlich erhöht haben.
Dieser Rechnung könnte man nun entgegenhalten, daß der Brennerei ja auch Lagerkosten entstehen, und daß außerdem das Alter eines Whiskys lediglich vom jüngsten enthaltenen Whisky bestimmt wird; so könnte z.B. der 12-jährige Bowmore fast nur Whisky aus 12 Jahre alten Fässern enthalten, während im 15-jährigen Bowmore große Anteile aus sehr viel älteren Fässern enthalten sind. Hier ist es an den Brennereien, Aufklärung zu betreiben; mir bleibt hier nur, darauf hinzuweisen, daß die Rechnung weiterhin korrekt bleibt, wenn in beiden Whiskys ein gleicher Anteil an entsprechend älterem Whisky enthalten ist (Beispiel: besteht der 12-jährige Bowmore zur Hälfte aus 12 Jahre altem Whisky und zur anderen Hälfte aus 14 Jahre altem Whisky, während der 15-jährige Bowmore jeweils hälftig aus 15 und 17 Jahre altem Whisky besteht, so ändert sich an der Wertsteigerungsrechnung nichts, denn beide Anteile reifen 3 Jahre länger).
Die jährlichen Lagerkosten dürften dagegen so marginal sein, daß sie in der Rechnung vernachlässigt werden können (die Springbank-Brennerei berechnet für gekaufte und bei ihr gelagerte "hodgsheds" mit ca. 150-160 Liter abgefülltem Alkohol (60-70%!) eine jährliche Gebühr von DM 30,--; rechnet man dies um, so ergibt sich eine Gebühr von ca. DM -,20 pro Jahr für einen Liter 65%igen Whisky - für 0,7 Liter 43%igen Whisky liegen die jährlichen Lagerkosten dagegen bei ca. DM -,10).
Ernstzunehmender ist da der Einwand, daß während der längeren Lagerdauer auch mehr Alkohol verdunstet. Dies sind tatsächlich Kosten, die in der Wertsteigerung enthalten sein müssen, so daß die reale Wertsteigerung doch geringer ausfällt. Allerdings beträgt die Verdunstung (insbesondere in späteren Jahren) nicht mehr als 1 Vol-% pro Jahr, so daß auch diese Kosten nicht allzu groß sind.
Außerdem gibt es noch einen Faktor, der die Wertsteigerung eher noch größer ausfallen läßt: die Abfüll-, Vertriebs- und Verpackungskosten des Whiskys, die sowohl bei einer Standardversion, als auch bei der "gereiften" Version ähnlich hoch sein dürften (die gereiften Glen Morays werden in einer Metallbox ausgeliefert, die eventuell etwas höhere Kosten verursachen). Zieht man diesen (fixen) Kostenbestandteil von den Preisen in gleicher Höhe ab, ergeben sich noch höhere jährliche Wertsteigerungen. Ebenso stellen die Alkoholsteuern einen erheblichen fixen Kostenbestandteil dar, der erst am Schluß anfällt. Da die Alkoholsteuer als Mengensteuer erhoben wird (also nur die Menge enthaltenen reinen Alkohols besteuert wird), ist auch dieser Anteil bei allen Whiskys derselbe.
Außerdem zeigen einige Brennereien, daß es auch anders geht: das im letzten Jahr angeführte Beispiel Linkwood eignet sich nur noch bedingt, nachdem die 15-jährige Standardversion hier mittlerweile auch bereits DM 80,-- kostet. Allerdings gelten die anderen Beispiele weiterhin: Lagavulin bringt eine 16 Jahre lang gereifte Version für DM 59,-- heraus - ein wunderbarer Whisky der garantiert besser als der 15-jährige Glen Moray ist. An der Qualität kann es dementsprechend nicht liegen - nach ökonomischen Kriterien müßte dann gelten, daß Bowmore und Glen Moray fürchterlich ineffiziente Produktionsmethoden anwenden, während Lagavulin sehr effizient produziert. Nachdem das beides wohl nicht gilt gibt es nur noch eine Lösung: Es werden ziemlich hohe Renten abgeschöpft... Ein weiteres Beispiel für vernünftige Preise bei älteren Versionen ist der 15-jährige Dalwhinnie mit DM 56,--.

2.) Abkehr von traditionellen Herstellungsmethoden

In den letzten Jahren macht sich in den schottischen Brennereien ein Trend bemerkbar, möglichst kostengünstig zu produzieren. Grundsätzlich wäre dies ja zu begrüßen, allerdings befürchte ich, daß darunter die Qualität so mancher Whiskys leiden wird. So werden beispielsweise hölzerne wash-backs durch eiserne ersetzt, da diese einfacher gereinigt werden können. Daß das Holz des wash-backs möglicherweise ein bestimmtes Aroma an den Whisky abgegeben hat, daran denkt man nicht.
Auch beginnen immer mehr Brennereien, aus Kostengründen nicht mehr ihr eigenes Malz herzustellen, sondern es von Großmälzereien zu beziehen - teilweise werden sogar vorhandene Mälzereien stillgelegt. Ob mit dem Bezug des Malz von einer Großmälzerei automatisch ein Qualitätsverlust einhergeht, mag dahingestellt bleiben, aber es ist schon auffällig, daß diejenigen Brennereien, die wenigstens teilweise noch ihr eigenes Malz herstellen, größtenteils exzellente Malts produzieren (z.B. Springbank, Tamdhu, Bowmore, Laphroaig, Balvenie, Highland Park).
Selbst die Isle-of-Arran-Brennerei, die an jeder Stelle betont, speziell zur Herstellung eines guten Malts geplant bzw. gebaut worden zu sein, verzichtete bei ihrer Errichtung aus Kostengründen auf eine eigene Mälzerei (baute sich jedoch - vermutlich aus Image-Gründen - ein ohne eigene Mälzerei nutzloses Pagodendach).
Besonders zu kritisieren ist an dieser Stelle der Konzern United Distillers. Hier wurden in den letzten Jahren sämtliche aktiven brennereieigenen Mälzereien stillgelegt und die Malzproduktion in vier konzerneigene Großmälzereien verlegt.
Würden durch solche Maßnahmen wenigstens die Whisky-Preise sinken, so könnte man das möglicherweise noch tolerieren, aber davon ist auch nichts zu spüren...

3.) Heimliche Änderungen der Zusammensetzung

Einige Brennereien haben in den letzten Jahren die Zusammensetzung ihrer Whiskys geändert - und das zuungunsten des Geschmacks. Aufgefallen ist mir dies beim 12-jährigen Bowmore und beim 10-jährigen Laphroaig. Bei letzterem wollte man offenbar seinen "extremen" Charakter abschwächen und ihn eher dem Massengeschmack anpassen - und das, obwohl die Brennerei sogar mit der "polarisierenden" Eigenschaft ihres Whiskys wirbt! Beim 12-jährigen Bowmore entfernte bzw. reduzierte man vermutlich Anteile aus älteren Fässern - denn als "gereifte" Version läßt sich so etwas bekanntlich mit höherem Gewinn verkaufen (vgl. oben).
In den beiden obigen Fällen muß ich sagen, daß beide Whiskys viel von ihrem ursprünglichen Charakter verloren haben und nun deutlich langweiliger schmecken (allerdings immer noch gute Whiskys sind). Insbesondere bedauere ich das beim 12-jährigen Bowmore, der (solange ich noch eine alte Abfüllung besitze) mein Lieblingswhisky ist... Würde sich eine solche Qualitätsverschlechterung wenigstens in niedrigeren Preisen niederschlagen, so könnte man diese Politik noch tolerieren, aber hiervon ist mal wieder nichts zu spüren.
Das größte Problem finde ich hieran allerdings, daß der Konsument über eine solche Änderung der Zusammensetzung nicht aufgeklärt wurde - sieht man von einer leichten Änderung des Designs beim Bowmore und der Änderung der Alkoholstärke beim Laphroaig (bei identischem Flaschendesign!) ab. Daß es auch anders geht, zeigt Longmorn: Auch hier wurde die Zusammensetzung des Whiskys geändert, jedoch machte man dies durch eine völlige Neugestaltung der Flasche und des Etiketts deutlich - letzte Zweifel konnten dann noch durch den veränderten Alkoholgehalt beseitigt werden. Dieser Whisky schmeckt nun zwar anders, jedoch meines Erachtens nicht langweiliger oder schlechter als vorher - und der Käufer weiß genau, daß er ein neues Produkt vor sich hat.
Falls irgendwem weitere Geschmacksveränderungen bestimmter Whiskys aufgefallen sind, wäre ich an der Zusendung entsprechender Hinweise interessiert. Und sollte ich bei Bowmore oder Laphroaig auf eine Änderung meiner Geschmacksnerven hereingefallen sein, so bitte ich die Brennereien um Aufklärung...

4.) Überteuerte Preise für "seltene" Whiskys

An dieser Stelle tut sich der Konzern United Distillers mit seiner "Flora and Fauna"-Reihe negativ hervor. Hier werden Whiskys zu Preisen vermarktet, die sie einfach nicht wert sind. "Selten" im Sinn von "knapp" sind diese Whiskys ebenfalls nicht; es handelt sich z.T. sogar um Produkte aus sehr großen Brennereien. So kann man z.B. einen 12-jähriger Aultmore oder einen gleichaltrigen Balmenach zu DM 99,-- erwerben. Für einen 15-jährigen Caol Ila, einen 14-jährigen Craigellachie oder einen 12-jährigen Glendullan bezahlt man sogar DM 108,--. Diese Whiskys sind zwar allesamt nicht schlecht, aber diesen Preis einfach nicht wert. Es handelt sich größtenteils um Whiskys, die hauptsächlich für die Blends von United Distillers produziert werden; vermutlich wird die Menge der Abfüllungen als Single Malt gezielt niedrig gehalten, um die obigen Preise fordern zu können.
Dem könnte man nun entgegenhalten, daß der Vertrieb einer so kleinen Stückzahl von Flaschen relativ hohe Vertriebskosten erfordert, so daß der hohe Preis gerechtfertigt ist. Das Gegenbeispiel liefert hier Edradour: die kleinste Brennerei Schottlands produziert pro Jahr 100000 Liter Alkohol - ein Dreißigstel dessen, was z.B. Caol Ila produziert! Dennoch kostet ein 10-jähriger Edradour mit DM 70,-- deutlich weniger als der Caol Ila aus der Flora-and-Fauna-Reihe, obwohl von diesem Whisky sicherlich nicht mehr abgefüllt und vertrieben wird. Dazu kommt, daß das Vertriebsnetz von United Distillers deutlich besser ausgebaut sein dürfte, als das von Campbell Distillers, die außer dem Edradour nur noch Aberlour vertreiben. Bleibt mal wieder die Frage offen, ob United Distillers fürchterlich ineffizient arbeitet, oder ob hier eine Monopolstellung ausgenutzt wird...

5.) Schließung von Brennereien

In den letzten Jahren kam es häufig zur Schließung von "unrentablen" Brennereien. So etwas stimmt einen Whisky-Liebhaber immer sehr traurig, da ein Whisky aus einer Brennerei ein einmaliges Produkt darstellt, das mit der Schließung der Brennerei - möglicherweise für immer - verloren ist. Die beiden spektakulärsten Fälle der letzten Jahre gehen mal wieder auf das Konto der beiden großen Whisky-Konzerne United Distillers und Allied Distillers. Letztere schlossen Anfang 1996 - nach einigen vorangehenden temporären Schließungen - die Ardbeg-Brennerei, die einen der besten Malts der Insel Islay produzierte. Damit nicht genug: der bereits produzierte Whisky wurde natürlich gehortet und den Käufern in "Häppchen" zu völlig überteuerten Preisen vorgesetzt (derzeit werden 0,5 Liter 15-jähriger Ardbeg - zusammen mit einer 0,5-Liter-Flasche 10-jähriger Laphroaig, auf die keiner der Käufer dieses Paketes Wert legt - für DM 150,-- verkauft...). Glücklicherweise wurde die Brennerei mittlerweile an MacDonald and Muir (Glenmorangie) verkauft, die Ardbeg wiedereröffneten und den Whisky nun weiterhin als Malt abfüllen.
United Distillers wütete noch schlimmer: in den letzten Jahren wurden etliche Brennereien geschlossen; einige davon nur kurz nach ihrer Übernahme durch den Konzern. Der traurigste Fall ist hier die Bladnoch-Brennerei aus den schottischen Lowlands: Hier wurde der meiner Meinung nach exzellenteste Lowland-Malt überhaupt produziert, bis die Brennerei im Jahr 1993 geschlossen und seitdem nicht wiedereröffnet wurde. Meiner Meinung nach hätte UD - wenn man schon einer Lowland-Brennerei schließen mußte - Glenkinchie zumachen sollen, da deren Malt lange nicht so gut wie Bladnoch ist, aber diesen hatte man ja bereits groß als "Classic Malt" vermarktet (warum eigentlich nicht Bladnoch???), und so mußte einer der besten Whiskys Schottlands dran glauben... Auch bei UD findet sich desöfteren die Frechheit, den Whisky aus einer vorher geschlossenen Brennerei den Käufern zu Horrorpreisen anzubieten: Hier läuft dies unter dem Namen "Rare Malts Selection". So bekommt man z.B. einen 21-jährigen Glenury in Faßstärke zu DM 188,--, während ein 22-jähriger Brora (ebenfalls in Faßstärke) mit DM 244,-- zu Buche schlägt...

Eike


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